2020 jährte sich der Geburtstag der österreichischen Schriftstellerin Marlen Haushofer zum 100. Mal. Haushofer gilt neben Ingeborg Bachmann und Ilse Aichinger als eine der bedeutendsten österreichischen Schriftstellerinnen der Nachkriegszeit, dennoch wurde gerade im Jahr des Doppeljubiläums 2020 z. B. durch das Fehlen einer Werkausgabe, auf das wir in der Folge zu sprechen kommen, besonders deutlich, dass sie dennoch nicht die Rolle in der Literaturgeschichte spielt, die ihr zustünde. Widersprüchlich ist nicht nur die Rezeption der Autorin, voll von Widersprüchen scheint sie auch selbst gewesen zu sein. Daniela Strigl schreibt in ihrer Biographie: “Marlen Haushofer durchschaute alles und tat nichts. Sie kritisierte die Welt feministisch und blieb Hausfrau. Sie war freundlich und einnehmend und verfügte doch über so manchen Widerhaken [...]. Sie war bescheiden und selbstbewußt, angepaßt und widerspenstig, sanft und zornig, depressiv und humorvoll, leidenschaftlich und nüchtern, ehrgeizig und menschenscheu [...]. Diese Widersprüche ließen und lassen sich nicht auflösen, nicht zu einem glatten Bild einebnen. Die ‚wahre Marlen Haushofer‘ gibt es nicht. Letztlich ist jedes Leben ein Geheimnis. Und das ist gut so.” In unserer REVISITING-Reihe stellen wir euch in unregelmäßigen Abständen das Werk eines bekannten Autors / einer bekannten Autorin aus Österreich – und fallweise auch darüber hinaus – vor und sprechen mit Expertinnen und Experten. Den Auftakt hat eine Folge über Thomas Bernhard im Februar gemacht, diesmal wollen wir euch Marlen Haushofer und ihr Werk näherbringen und sprechen dazu im zweiten Teil der Episode mit der Germanistin, Literaturkritikerin und Haushofer-Biographin Daniela Strigl über die Autorin. Marlen Haushofer, Fotografie, Linz 1935. (c) Sybille Haushofer. Teilnachlass Marlen Haushofer, OÖ. Literaturarchiv / Adalbert-Stifter-Institut des Landes Oberösterreich.
Zur Haushofer-Biografie von Daniela Strigl geht es hier: https://www.ullstein-buchverlage.de/nc/buch/details/wahrscheinlich-bin-ich-verrueckt-9783548607849.html
Über Daniela Strigl und ihre Arbeit könnt Ihr Euch hier informieren: https://www.univie.ac.at/germanistik/daniela-strigl/
Daniela Strigls Text „Das Gehirn wird endlich aufhören zu denken“ über das Doppeljubiläum 2020 (erschienen in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 84 vom 8. April 2020) ist leider nur mehr über das zahlungspflichtige FAZ-Archiv oder über Zeitungsarchive wie das IZA zugänglich.
Das erwähnte Manifest mit der Forderung nach einer angemessenen Würdigung der Autorin ist u. a. auf der Seite des Stifterhauses Linz publiziert worden: https://stifterhaus.at/fileadmin/user_upload/Downloads/Steyrer_Manifest.pdf
Informationen zur online-Konferenz des Ingeborg Bachmann Centre London: https://modernlanguages.sas.ac.uk/events/event/24132
Hier kann der Vortrag von Daniela Strigl gestreamt werden: https://www.sas.ac.uk/videos-and-podcasts/culture-language-and-literature/marlen-haushofer-context-keynote-lecture-1-wer
Nicole Seifert im März 2020 über Marlen Haushofer auf 54 books: https://www.54books.de/mein-zorn-ist-laengst-verraucht-vor-fuenfzig-jahren-starb-marlen-haushofer/
Wir durften das Gespräch mit Daniela Strigl in der Alten Schmiede aufnehmen. Hier geht es zum Programm: https://alte-schmiede.at/
Zitierte Literatur
Marlen Haushofer: Die Wand. Roman. München: dtv, 1999.
Marlen Haushofer: Himmel, der nirgendwo endet. Berlin: Ullstein, 2018.
Marlen Haushofer: Die blutigen Tränen. In: [Diess.]: Begegnung mit dem Fremden. Gesammelte Erzählungen, Bd. 1. Düsseldorf: Claassen, 1985, S. 25-29.
Marlen Haushofer: Mach dir keine Sorgen [1970]. Zit. nach: Daniela Strigl: “Wahrscheinlich bin ich verrückt…” Marlen Haushofer - die Biographie. Berlin: List, 2007, S. 325f.
Christa Gürtler (Hg.): Ich möchte wissen, wo ich hingekommen bin! Marlen Haushofer 1920-1970. Linz: StifterHaus, 2010 (Literatur im StifterHaus, 23).
Christine Schmidjell: Marlen Haushofer: Die Wand. In: Interpretationen. Romane des 20. Jahrhunderts, Bd. 3. Stuttgart: Reclam, 2003 (RUB 17522), S. 7-21.
Daniela Strigl: “Wahrscheinlich bin ich verrückt…” Marlen Haushofer - die Biographie. Berlin: List, 2007.
Kathrin Wexberg: “Nichts bleibt, wie es ist.” Die Kinderbücher von Marlen Haushofer. In: Christa Gürtler (Hg.): Ich möchte wissen, wo ich hingekommen bin! Marlen Haushofer 1920-1970. Linz: StifterHaus, 2010 (Literatur im StifterHaus, 23), S. 101-118.